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Vermächtnis

Mein Mann und ich haben zwei gemeinsame Kinder und fünf Enkel. Wir möchten den Enkeln Vermächtnisse ausrichten. Diese sollen erst nach dem Tod des zweiten Ehepartners ausgerichtet werden und nur, sofern die Erbmasse für unsere Kinder gesamthaft mind. CHF 300’000 beträgt. Braucht es ein Testament oder einen Erbvertrag?

Sowohl in einem Testament als auch in einem Erbvertrag können Sie Verfügungen für verschiedene zukünftige Szenarien treffen. Sie können also festhalten, dass beim Tod des zweitversterbenden Ehepartners nur dann Vermächtnisse an Ihre Enkelkinder auszurichten sind, wenn der Nachlass mindestens CHF 300’000 beträgt. Legen Sie dabei die Höhe der Vermächtnisse fest. Sie können einen fixen Betrag vorsehen (z.B. CHF 10’000 für jedes Enkelkind) oder auch mit Quoten arbeiten (z.B. je 1/10 des Nachlasses).

Ein Testament kann öffentlich beurkundet oder eigenhändig errichtet werden. Es hat den Vorteil, dass Sie es jederzeit abändern können, indem Sie es neu verfassen und das Alte vernichten oder ausdrücklich aufheben. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Testament nach Ihrem Tod auch gefunden wird, indem Sie es am besten bei der zuständigen Behörde an Ihrem Wohnort hinterlegen. Sollten Sie sich für ein handschriftliches Testament entscheiden, ist es wichtig, klarzustellen, dass es sich bei den Zuwendungen um Vermächtnisse (nicht um eine Erbeinsetzung) handelt. Vermächtnisnehmer sind nämlich nicht Mitglieder der Erbengemeinschaft, weshalb sie auch nicht für allfällige Erbschaftsschulden haften.

Die Errichtung eines Erbvertrags bedarf der öffentlichen Beurkundung. Ein Erbvertrag macht dann Sinn, wenn Sie als Ehepaar gemeinsam über Ihren Nachlass verfügen möchten. Da man sich in einem Erbvertrag gegenseitig verpflichtet, sorgt dieser für mehr Verbindlichkeit als ein Testament. Die Aufhebung oder Änderung eines Erbvertrages ist jedoch aufwändiger als beim Testament: So bedarf es für die Aufhebung einer schriftlichen Übereinkunft aller Vertragsparteien und für die Änderung ist erneut die öffentliche Beurkundung erforderlich.

Weiter rate ich Ihnen, dass Sie nicht nur regeln, was geschieht, wenn der bzw. die Zweite von Ihnen stirbt, sondern auch bestimmen, was beim Tod des erstversterbenden Ehepartners gelten soll. Möchten Sie und Ihr Ehepartner sich gegenseitig maximal begünstigen, so können Sie sich mit Ihren Kindern absprechen und klären, ob diese beim Tod des Erstversterbenden auf ihren Pflichtteil verzichten würden. So kann dem überlebenden Ehepartner der gesamte Nachlass zugewiesen werden. Beim Tod des Zweitversterbenden können Sie Ihren Kindern (und Enkeln) dafür den gesamten Nachlass zuwenden.

Um Unklarheiten oder Widersprüche zu vermeiden, empfehle ich, alle gewünschten Verfügungen in einem Zug zu regeln und alle bisherigen ausdrücklich aufzuheben. Dies schafft Sicherheit und Klarheit bei der späteren Erbteilung.

Kurzantwort:

Die Ausrichtung eines Vermächtnisses kann sowohl in einem Testament als auch in einem Erbvertrag angeordnet werden. Ein Testament kann jederzeit und auch einseitig geändert werden. Ein Erbvertrag schafft grössere Verbindlichkeit und kann nur aufgehoben oder geändert werden, wenn alle Vertragspartner damit einverstanden sind.

(lic. iur. Marcel Vetsch, Rechtsanwalt und Notar, Fachanwalt SAV Erbrecht und Fachanwalt SAV Familienrecht, Luzerner Zeitung)