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Erbteilung ist blockiert

Meine Tante ist vor gut einem Jahr gestorben. Sie hat ein Testament hinterlassen und darin geregelt, welche Erben was bekommen. Es sind 14 Erben und ein Rechtsanwalt ist Willensvollstrecker. Die Erbteilung dauert nach wie vor an. Als alles geregelt schien, bekamen wir die Aufforderung, in die Anwaltskanzlei zu fahren und zu unterschreiben. Vor dem Unterschreiben ist ein Erbe verunfallt und liegt seither im Koma. Wie lange dies dauert, wissen wir nicht. Gibt es eine Möglichkeit zu verlangen, dass die Erbteilung vollzogen wird bis auf den Teil, den der Verunfallte zu Gute hat? Kann man verlangen, dass unser Geld nun ausbezahlt wird?

M.H.

Schriftlicher Teilungsvertrag und Urteilsfähigkeit

Die Auflösung der Erbengemeinschaft durch den Abschluss des schriftlichen Teilungsvertrages erfordert die Mitwirkung sämtlicher Erben. Wirkt ein Erbe nicht mit, so ist der Teilungsvertrag ungültig. Eine Erbteilung ohne Mitwirkung eines Erben, wie von Ihnen gewünscht, ist daher nicht möglich. Für den rechtsgültigen Abschluss des Teilungsvertrages müssen dabei alle Erben urteilsfähig sein. Wer im Koma liegt, ist selbstverständlich nicht urteilsfähig und kann daher auch keinen Teilungsvertrag abschliessen. Es muss daher ein Weg gefunden werden, wie die Mitwirkung des urteilsunfähigen Erben in der Erbteilung sichergestellt werden kann.

Erwachsenenschutz

Das neue Erwachsenenschutzrecht sieht verschiedene Möglichkeiten vor, wie für jemanden gehandelt werden kann, der urteilsunfähig ist. Zunächst kann jede Person im Sinne der „Eigenvorsorge“ eine andere Person beauftragen, im Fall ihrer Urteilsunfähigkeit die Personensorge oder die Vermögenssorge zu übernehmen oder sie im Rechtsverkehr zu vertreten. Tritt dann wie hier die Urteilsunfähigkeit ein, so prüft die Erwachsenenschutzbehörde, ob dieser sogenannte Vorsorgeauftrag gültig ist und die beauftragte Person für ihre Aufgaben geeignet ist.

Hat die betroffene Person keinen Vorsorgeauftrag errichtet, so muss die Erwachsenenschutzbehörde die erforderlichen Massnahmen treffen. Diese Massnahme kann hier darin bestehen, dass die Erwachsenenschutzbehörde für den Betroffenen einen Beistand ernennt, welcher den Urteilsunfähigen in der Erbteilung vertritt. Wenn es aber – wie offenbar in Ihrem Fall – nur noch darum geht, den vor dem Abschluss stehenden Erbteilungsvertrag zu unterzeichnen, und nicht noch andere Angelegenheiten geregelt werden müssen, so kann die Erwachsenenschutzbehörde auf die Errichtung einer Beistandschaft verzichten und von sich aus die Zustimmung zum Erbteilungsvertrag erteilen.

Eine definitive Erbteilung ist daher in Ihrem Fall nur unter Einbezug der Erwachsenenschutzbehörde möglich. Jedenfalls ist zu empfehlen, dass zunächst die gesundheitliche Situation des Betroffenen und die voraussichtliche Entwicklung abgeklärt werden, bevor die Erwachsenenschutzbehörde angerufen wird.

Akontozahlungen

Zu beachten ist hier, dass im Testament ein Willensvollstrecker eingesetzt wurde. Der Willensvollstrecker ist berechtigt, den Erben angemessene Akontozahlungen für ihren jeweiligen Erbanteil zukommen zu lassen, dies unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Passiven des Nachlasses. Der einfachste und schnellste Weg, wie Sie zumindest zu einem Teil Ihres Erbanteils kommen, dürfte es für Sie daher sein, den Willensvollstrecker zu ersuchen, Ihnen und den anderen Erben Akontozahlungen auszurichten.

Kurzantwort
Für den Abschluss des Teilungsvertrages müssen alle Erben mitwirken, ansonsten ist der Teilungsvertrag ungültig. Ein urteilsunfähiger Erbe kann daran selber nicht mitwirken und muss durch einen Vorsorgebeauftragten oder einen Beistand vertreten werden. Ist ein Willensvollstrecker eingesetzt, können die Erben vom Willensvollstrecker angemessene Akontozahlungen verlangen.

(lic. iur. Marcel Vetsch, Rechtsanwalt und Notar, Fachanwalt SAV Erbrecht und Fachanwalt SAV Familienrecht, Luzerner Zeitung)